Haftung des Fahrzeughalters, § 7 StVG

Die Haftung eines Halters eines Kfz nach § 7 Abs. 1 StVG ist eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung. Dagegen ist die Haftung des Führers eines Kfz gem. § 18 StVG eine Haftung mit widerlegbarer Verschuldensvermutung.

  1. Anspruchsinhaber: Verletzter (Aktivlegitimation)
  2. Anspruchsgegner: Halter eines Kfz (Passivlegitimation)
  3. Personen-/Sachschaden
  4. Bei dem Betrieb des Kfz
    1. Betrieb
      1. Verkehrstechnische Auffassung
      2. Maschinentechnische Auffassung
    2. Bei (Kausalität)
      1. Betriebsspezifische Gefahr
  5. Ausschluss der Haftung
    1. Höhere Gewalt, § 7 Abs. 2 StVG)
    2. Unabwendbares Ereignis, § 17 Abs. 3 StVG
    3. Schwarzfahrt, § 7 Abs. 3 StVG
    4. Sonstige Fälle, § 8 StVG
  6. Rechtsfolgen
    1. Schadensersatz gem. §§ 10 StVG
    2. Immaterieller Schadensersatz, §§ 253 Abs. 2 BGB i.V.m. 11 S. 2 StVG
    3. Mitverursachung und Mitverschulden (§ 9 StVG i.V.m. § 254 BGB (Anspruchssteller = Nicht Halter o. Führer) / § 17 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StVG (Anspruchssteller = Halter o. Führer)
    4. Verwirkung, § 15 StVG
    5. Weiterer Anspruch nach § 115 ff. VVG gegen Versicherer (Haftung als Gesamtschuld)

  1. Anspruchsgegner ist Halter

Halter ist, wer die tatsächliche Sachherrschaft über das Fahrzeug oder den Anhänger ausübt und für eigene Rechnung gebraucht.1

  1. Rechtsgutverletzung

Gleiche Prüfung wie bei § 823 Abs. 1 BGB. Es muss also ein Schaden an einer Person oder an einer Sache vorliegen. Umfasst wird also auch der berechtigte Besitz. Reiner Vermögensschaden wird nicht erfasst.2

I. Anspruchsgegner ist Halter

Beachte die Legaldefinition des Kfz in § 1 Abs. 2 StVG. Wesentlich an der Eigenschaft des Halters ist, dass es sich um ein reales Element handelt, nicht um ein rechtliches. D.h. der Halter eines Kfz oder Anhängers muss nicht Eigentümer sein. Das Gleiche gilt bei der Tierhalterhaftung gem. § 833 BGB.3 Gleichzeitig bedeutet das, dass mehrere Personen Halter eines Kfz oder Anhängers sein können, indem sie die tatsächliche Sachherrschaft erlangen.4

III. Bei Betrieb des KfZ
1. Betrieb

h.M.: Nach der verkehrstechnischen Auffassung ist ein Kfz in Betrieb, sofern es sich im öffentlichen Verkehrsbereich bewegt oder in irgendeiner verkehrsbeeinflussender Art und Weise ruht.5

a.A.: Nach der maschinentechnischen Auffassung ist ein KfZ in Betrieb, solange sein Motor eingeschaltet ist und das Kfz sich infolgedessen bewegt.6

2. „Bei“ Betrieb – Kausalität

Durch das Wort „bei“ wird deutlich, dass ein Kausalzusammenhang zwischen dem Betrieb eines Kfz (oder Anhängers) und dem Schadensereignis erforderlich ist.7 Notwendig ist, dass das Schadensereignis durch das Kfz selbst oder durch eine sonstige Beeinflussung des Verkehrs durch das Kfz entstanden ist. Insofern muss es sich dabei um eine betriebsspezifische Gefahr des Fahrzeugs als Verkehrsobjekt handeln.8

Beachte folgende examensrelevanten Fallgruppen:

  • „Berührungsloser“ Unfall
  • Kfz mit Arbeitsfunktion
  • Fahrzeugbrand
  • Be- & Entladen
IV. Kein Ausschluss
1. Höhere Gewalt gem. § 7 Abs. 2 StVG

Höhere Gewalt liegt vor, wenn es sich dabei um ein außergewöhnliches, betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder durch Handlungen Dritter herbeigeführtes und nach menschlicher Einsicht als unvorhersehbares Ereignis handelt, welches nach der Sachlage vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht vereitelt werden kann.9

Im Palandt/Grüneberg befindet sich eine Definition in § 206 BGB Rn. 4.

2. Unabwendbares Ereignis gem. § 17 Abs. 3 StVG

Ein weiterer Ausschlussgrund ist das sog. unabwendbare Ereignis gem. § 17 Abs. 3 StVG. Gem. § 17 Abs. 3 Satz 2 StVG liegt ein unabwendbares Ereignis vor, wenn sowohl der Halter als auch der Führer des Fahrzeugs jede nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beachtet haben. Der Maßstab richtet sich insofern an den sog. Idealfahrer. Dieser müsste darlegen können, dass er äußerst sorgfältig und geistesgegenwärtig den Umständen nach gehandelt hat und der Unfall trotz dessen nicht unvermeidbar gewesen wäre.10

Gilt nur im Verhältnis zwischen Kfz-Haltern, Fahrern und nach § 17 Abs. 3 S. 3 StVG gegenüber einem Kfz-Eigentümer, der gleichzeitig aber auch nicht Kfz-Halter ist.

3. Schwarzfahrten gem.  § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 StVG

Bei Schwarzfahrten gem. § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 StVG entfällt ebenfalls die Halterhaftung. Eine Schwarzfahrt liegt vor, wenn das Fahrzeug ohne Wissen und Wollen des Halters benutzt wurde gem. § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 StVG.

Eine Ausnahme davon wird angenommen, wenn der Halter des Kfz die Schwarzfahrt schuldhaft ermöglich hat gem. § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 StVG.

Für die fleißigen Bienen:
  • ZJS 2/2016: „Rast mit Hindernissen„, Yannick Diehl (PDF, kostenloser Download, sehr empfehlenswert!)

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1 – BGH NJW, 1997, 660; Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse – Deliktsrecht, Schadensrecht, Bereicherungsrecht, GoA, 6. Auflage 2014, § 21, Rn. 8.
2 – Wandt, (Fn. 1), § 21, Rn. 10.
3 – Wandt, (Fn. 1), § 21, Rn. 8.
4 – Wandt, (Fn. 1), § 21, Rn. 9.
5 – Vgl. BGH NJW 1975, 1886Wandt, (Fn. 1), § 21, Rn. 12.
6 – Supra.
7 – Wandt, (Fn. 1), § 21, Rn. 13.
8 – Wandt, (Fn. 1), § 21, Rn. 14.
9 – Wandt, (Fn. 1), § 21, Rn. 16.
10 – Wandt, (Fn. 1), § 21, Rn. 20.

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Van
Van

Van hat Jura an der Ruhr-Universität Bochum studiert und belegte den Schwerpunkt "Unternehmen und Wettbewerb" mit Fokus auf Urheberrecht, Gewerblichen Rechtsschutz und Datenschutzrecht. Neben Jura interessiert er sich für Fotografie, Sport und Web 2.0. Außerdem mag er Katzen.