Schema: Drittschadensliquidation (DSL)
- Gläubiger hat einen Anspruch gegen den Schuldner, aber keinen Schaden
- Dritter hat einen Schaden, aber keinen Anspruch gegen den Schuldner
- Zufällige Schadensverlagerung (aus Sicht des Schuldners)
- Gläubiger hat einen Anspruch den Schuldner, aber keinen Schaden
- Dritter hat einen Schaden, aber keinen Anspruch gegen den Schuldner
- Zufällige Schadensverlagerung (aus Sicht des Schuldners)
- Rechtsfolgen
III.Zufällige Schadensverlagerung
Die Drittschadensliquidation durchbricht den Grundsatz, dass nur derjenige, der verletzt ist, seinen eigenen Schaden geltend machen kann.5 Daher wird die Drittschadensliquidation restriktiv gehandhabt. Dazu gibt es folgende Fallgruppen:
- Obligatorische Gefahrenentlastung
- Mittelbare Stellvertretung
- Obhut für fremde Sachen
1. Obligatorische Gefahrenentlastung
Bei der obligatorischen Gefahrenentlastung fallen auf Grund einer Gefahrtragungsnorm Schaden und Anspruch auseinander.6 Beispiel § 447 BGB:
K möchte bei V eine Musikanlage kaufen und geliefert bekommen. V schickt dazu seinen Freund O. Auf dem Weg zum K verursacht O schuldhaft einen Unfall, bei dem die Musikanlage zerstört wird. Ansprüche K und V gegen O?
Dem V stehen sowohl vertragliche, als auch deliktische Ansprüche gegen O zu gem. § 280 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 1 BGB. Seine Ansprüche laufen jedoch ins Leere, da V keinen Schaden hat. Denn gem. § 447 Abs. 1 BGB ist die Preisgefahr auf den K über gegangen, weshalb der K stets zur Kaufpreiszahlung gem. § 433 Abs. 2 BGB verpflichtet ist. K hat demnach den Schaden. K hat jedoch keine vertraglichen Ansprüche gegen den O, er hatte ja noch gar nichts mit ihm zu tun gehabt. Ebenso mangelt es an einem deliktischen Anspruch, da K noch kein Eigentum über die Musikanlage erworben hat. O würde grundsätzlich mit seinem verschuldeten Unfall davon kommen. Damit es nicht zu diesem Ergebnis kommt, wandert der Schaden von K an V rüber. V kann dann mit den (vollständigen) Ansprüchen gegen O vorgehen. Sodann hat K einen Herausgabeanspruch des Ersatzes gegen V gem. § 285 BGB.
2. Mittelbare Stellvertretung
Das besondere Merkmal der mittelbaren Stellvertretung ist, dass der Vertreter im eigenen Namen für jemand anderen einen Vertrag schließt.7 Dies ist beispielsweise bei einem Kommissionsgeschäft gem. § 383 Abs. 1 HGB üblich.
Kommissionär K kauft bei V eine Spiegelreflexkamera im eigenen Namen, jedoch aber für den O. Nach Vertragsschluss stellt sich heraus, dass der Sensor der Spiegelreflexkamera einen Kratzer hat, weshalb keine brauchbaren Fotos geschossen werden können. Anspruche K und O gegen V?
Der Schaden wird in diesem Fall nicht der Kommissionär K haben, sondern der O. O hat jedoch keine Ansprüche gegen den V. Die Ansprüche hat der K, der jedoch keinen Schaden hat. Es ist jedoch gewohnheitsrechtlich anerkannt, dass in Fällen der mittelbaren Stellvertretung der mittelbare Vertreter, also hier der K, die Ansprüche seines Geschäftsherrn O gegenüber V geltend machen kann.8
3. Obhut für fremde Sachen
Ein berechtigter Besitzer einer Sache schließt mit einem Dritten einen Vertrag. Dadurch werden Obhutspflichten für den Dritten begründet. Verletzt der Dritte eine Obhutspflicht, hat sodann der Eigentümer einen Schaden, nicht der berechtigte Besitzer. Jedoch kann der berechtigte Besitzer den Schaden des Eigentümers gegenüber den Dritten geltend machen.9
A, Eigentümer eines Schönfelders, gibt diesen seinen Kommilitonen B mit nach Hause. B stellt den Tapezierer T ein, damit dieser sein Arbeitszimmer renoviert. Aus Versehen gießt T während seiner Arbeit in der Wohnung seine Tasse Kaffee über den Schönfelder.
IV. Rechtsfolgen
Der Gläubiger muss das vom Schuldner geleistete an den Geschädigten weiterleiten.10 Liegt Unmöglichkeit gem. § 275 BGB vor, ergibt sich diese Pflicht bereits aus § 285 Abs. 1 BGB.
1 – Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 14. Auflage 2016, § 46, Rn. 1025.
2 – Looschelders, (Fn. 1), § 46, Rn. 1024.
3 – Looschelders, (Fn. 1), § 46, Rn. 1025.
4 – Looschelders, (Fn. 1), § 46, Rn. 1024.
5 – Looschelders, (Fn. 1), § 46, Rn. 1023.
6 – Looschelders, (Fn. 1), § 46, Rn. 1027.
7 – Looschelders, (Fn. 1), § 46, Rn. 1029.
8 – BGHZ 133, 36 (41); Supra.
9 – Looschelders, (Fn. 1), § 46, Rn. 1030.
10 – Looschelders, (Fn. 1), § 46, Rn. 1025.
11 – Looschelders, (Fn. 1), § 46, Rn. 1024.
12 – Looschelders, (Fn. 1), § 46, Rn. 1024.