Widerlegbare Verschuldenshaftung + Gefährdungshaftung: Tierhalter und Tieraufseher, §§ 833, 834 BGB

  1. Tatbestand
    1. Haftung bei der Gefährdungshaftung
      1. Luxustier
      2. Tierhalter / Tieraufseher
      3. Realisierung der spezifisch typischen Tiergefahr
      4. Exkulpation
    2. Haftung bei der vermuteten Verschuldenshaftung
      1. Nutztier
      2. Tierhalter / Tieraufseher
      3. Realisierung der spezifisch typischen Tiergefahr
      4. Exkulpation

  • Tierhalter eines Luxustieres: § 833 S. 1 BGB normiert eine echte Gefährdungshaftung (kein Verschulden notwendig!). Tierhalter eines Nutztieres: § 833 S. 2 BGB normiert eine Haftung für vermutetes Verschulden.
  • Tieraufseher (für Luxus- und Nutztiere): § 834 BGB normiert ebenfalls eine Haftung für vermutetes Verschulden.

Beachte: Hier wird zwischen der Art der Person (Tierhalter/Tieraufseher) und der Art des Tieres unterschieden (Luxus-/Nutztier). Der Tieraufseher haftet unabhängig von der Art des Tieres.

Gefährdungshaftung (Luxustier)
Vermutete Verschuldenshaftung (Nutztier)
Tierhalter
§ 833 S. 1 BGB
§ 833 S. 2 BGB
Tieraufseher
§ 834 BGB

Tierhalter und Tieraufseher können auch aus Anspruchskonkurrenz nach  § 823 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 2 BGB haften![1]

I. Tatbestand
1. Haftung bei der Gefährdungshaftung
a. Luxustier

Ein Luxustier ist ein Tier, dass kein Nutztier ist, sondern zum Vergnügen, zur Unterhaltung oder zu Sportzwecken gehalten wird.[2]

Beispiel für ein Luxustier: Katze Leni[3]

b. Tierhalter / Tieraufseher

Tierhalter ist, wer das Tier im eigenen Interesse in seinem Hausstand oder Wirtschaftsbetrieb nicht nur ganz vorübergehend einsetzt.[4]

Die Eigentümereigenschaft spielt wie bei dem Fahrzeughalter nach § 7 StVG LINK keine Rolle.[5] Auch mehrere Personen können an einer Reitbeteiligung teilnehmen und somit Tierhalter sein, sog. Mithalter.[6]

Tieraufseher ist, wer auf Grund Vertrag die Führung oder Aufsicht über ein Tier übernimmt.[7]

c. Realisierung der spezifisch typischen Tiergefahr

Aufgrund der spezifisch typischen Tiergefahr (Unberechenbarkeit / Willkürlichkeit des Tieres) muss ein Personen- oder Sachschaden entstanden sein.[8]

Dazu zählen:[9]

  • Anspringen
  • Beißen
  • Ausschlagen
  • Reiz durch andere Tiere
  • Scheuen
  • Abwerfen
  • Durchgehen
  • Plötzliches Anhalten
d. Exkulpation bei Luxustieren

Nur der Tieraufseher kann sich nach § 834 S. 2 BGB exkulpieren. Bei der Gefährdungshaftung nach § 833 S. 1 BGB besteht konsequenterweise keine Exkulpationsmöglichkeit.

Die Verschuldensvermutung und die Kausalitätsvermutung kann wie bei der Haftung eines Aufsichtspflichten nach § 832 BGB und bei der Haftung beim Verrichtungsgehilfen nach § 831 BGB widerlegt werden.[10]

2. Haftung bei der vermuteten Verschuldenshaftung
a. Nutztier (Haustier + Zweckbestimmung[11])

Ein Nutztier ist ein Haustier, das dem Beruf, den Erwerbszwecken oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt ist.[12]

b. Tierhalter / Tieraufseher

Siehe oben beim Luxustier.

c. Realisierung der spezifisch typischen Tiergefahr

Siehe oben beim Luxustier.

d. Exkulpation bei Nutztieren

Siehe oben beim Luxustier. Bei Nutztieren können sich allerdings sowohl Tierhalter und Tieraufseher exkulpieren.

Beim Tierhalter ergibt sich die Exkulpationsmöglichkeit aus § 833 S. 2 BGB. Beim Tieraufseher aus § 834 S. 2 BGB.


[1] Wandt, Gesetzliche Schuldverhältnisse – Deliktsrecht, Schadensrecht, Bereicherungsrecht, GoA, 9. Auflage, 2019, § 18, Rn. 27.
[2] Eberl-Borges in: Staudinger BGB, 2018, § 833, Rn. 123.
[3] Leni ist eine gemeine Hauskatze, die durch ihr äußerliches Auftreten harmlos und niedlich erscheint, allerdings innerlich eine Boshaftigkeit verkörpert, die dem eines Satansbraten vergleichbar ist. Trotz dessen wird sie allgemein als unverzichtbar erklärt.
[4] Wandt, (Fn. 1), § 18, Rn. 32.
[5] Supra.
[6] Supra (Fn. 4).
[7] Vgl. Wortlaut § 834 S. 1 BGB.
[8] Wandt, (Fn . 1), § 18, Rn. 29.
[9] Supra.
[10] Wandt, (Fn. 1), § 18, Rn. 36.
[11] Wandt, (Fn. 1), § 18, Rn. 38.
[12] Wandt, (Fn. 1), § 18, Rn. 33.

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Van
Van

Van hat Jura an der Ruhr-Universität Bochum studiert und belegte den Schwerpunkt "Unternehmen und Wettbewerb" mit Fokus auf Urheberrecht, Gewerblichen Rechtsschutz und Datenschutzrecht. Neben Jura interessiert er sich für Fotografie, Sport und Web 2.0. Außerdem mag er Katzen.