Schema: Rechtfertigende Einwilligung
- Rechtlich zulässig
- Verfügungsberechtigung
- Einwilligungsfähigkeit
- Keine wesentlichen Willensmängel
- Bei Körpverletzung: kein Verstoß gegen die guten Sitten, § 228 StGB
- Einwilligung vor der Tat ausdrücklich oder konkludent erklärt
- Täter handelt in Kenntnis und aufgrund der Einwilligung (subjektives Rechtfertigungselement)
- Rechtlich zulässig
- Verfügungsberechtigung
- Einwilligungsfähigkeit
- Keine wesentlichen Willensmängel
- Bei Körperverletzung: kein Verstoß gegen die guten Sitten, § 228 StGB
- Einwilligung vor der Tat ausdrücklich oder konkludent erklärt
- Täter handelt in Kenntnis und aufgrund der Einwilligung (subjektives Rechtfertigungselement)
I. Rechtlich zulässig
Einwilligungen in das höchstpersönliche Rechtsgut des Lebens ist rechtlich unzulässig, da simultan auch das öffentliche Interesse indirekt miteinbezogen wird.6 Dies ergibt sich ebenfalls aus § 216 StGB.
II. Verfügungsberechtigung
Eine Person kann ferner nicht über ein geschütztes Rechtsgut der Allgemeinheit wirksam verfügen, z.B. §§ 306a, 316 StGB.
III. Einwilligungsfähigkeit
Im Gegensatz zum Zivilrecht kommt es hierbei nicht um die Geschäftsfähigkeit des Einwilligenden an. D.h. ein bestimmtes Alter ist für die Einwilligungsfähigkeit iSd rechtfertigenden Einwilligung nicht erforderlich.7 Hinsichtlich der Einwilligung eines Minderjährigen, also eines nach dem Zivilrecht beschränkt geschäftsfähigen, in Bezug auf Eigentums- und Vermögensdelikten besteht über die Handhabung der Einwilligung Uneinigkeit.
- Meinung 1: Die Lehre von der zivilrechtlichen Akzessorietät setzt eine volle Geschäftsfähigkeit voraus und wendet daher die §§ 107 ff. BGB analog an.8
- Meinung 2: Die Gegenmeinung wendet ein, dass die zivilrechtlichen Normen keine Anwendung finden, da es sich bei der rechtfertigenden Einwilligung eben nicht um ein Rechtsgeschäft handelt. Es geht bei der rechtfertigenden Einwilligung vielmehr um die persönliche Entscheidungsfreiheit.9 Ferner erfolgt durch die analoge Anwendung, so wie es Meinung 1 erlaubt, eine Analogie zulasten des Täters. Diese verstößt jedoch gegen das Analogieverbot „nulla poena sine lege stricta„, welches in Art. 103 Abs. 2 GG und in § 1 StGB niedergelegt ist.
V. Bei Körperverletzung: kein Verstoß gegen die guten Sitten, § 228 StGB
Fraglich ist, was genau unter den unbestimmtem Rechtsbegriff „gute Sitten“ fällt. Empfehlenswert sind folgende Urteile zur Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffes der guten Sitten:
Bei ersterem liegt ein Sittenverstoß jedenfalls dann vor, wenn die Körperverletzungshandlung aus einer objektiven ex ante Betrachtung mit einer konkreten Todesgefahr verbunden ist.13
Im zweiten, also ersten Hooligan Fall, ergänzt der BGH den Anwendungsbereich und setzt nicht nur eine konkrete Todesgefahr voraus. In Anbetracht der Gefährlichkeit von Schlägereien und der einhergehenden gruppendynamischen Eskalationsgefahr liege daher auch dann schon bereits Sittenwidrigkeit iSd § 228 StGB vor.14
Im letzten Fall waren die Hooligan-Gruppierung leicht clever und haben zur Umgehung der gruppendynamischen Eskalationsgefahr einerseits ein Regelwerk untereinander vereinbart, z.B. dass zwar grundsätzlich alle Schläge und Tritte in jede Körperregion zulässig sei, außer die in der Region des Genitalbereiches. Zusätzlich schauten bei den körperlichen Auseinandersetzungen zwischen beiden Gruppen auch sog. Kampfrichter zu, um sicherzustellen, dass alle Aufeinandertreffenden sich auch regelkonform verhalten. Gruppendynamische Eksalationsgefahr?
Ein Verstoß gegen die guten Sitten wurde trotz deren Bemühungen begründet. § 231 StGB ist ein Gefährdungsdelikt, weshalb es hierbei nur auf die Beteiligung alleine an einer Schlägerei ankommt. Selbst ohne Eintritt der schweren Folge liegt ein Verstoß gegen § 231 StGB vor, da die schwere Folge lediglich eine objektive Bedingung ist und daher auch ohne ein tatbestandsmäßiger, rechtswidriger und schuldhafter Verstoß gegen § 231 StGB vorliegt.15
VI. Einwilligung vor der Tat ausdrücklich oder konkludent erklärt
Die Einwilligung muss vor der Tat erklärt werden. Eine nachträglich erteile Genehmigung ist unwirksam.16
1 – Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht Allgemeiner Teil, 46. Auflage 2016, § 11, Rn. 552.
2 – Wessels/Beulke/Satzger, (Fn. 1), § 11, Rn. 553.
3 – NJW 2003, 1824.
4 – Wessels/Beulke/Satzger, (Fn. 1), § 11, Rn. 554.
5 – Wessels/Beulke/Satzger, (Fn. 1), § 11, Rn. 560.
6 – BGHSt 50, 80 (Kannibalenfall).
7 – BGHSt 12, 379; Wessels/Beulke/Satzger, (Fn. 1), § 11, Rn. 554.
8 – Wessels/Beulke/Satzger, (Fn. 1), § 11, Rn. 554.
9 – Supra.
10 – BGH Urteil vom 26. 5. 2004 (2 StR 505/03) = NStZ 2004, 621.
11 – BGHSt 58, 140; NJW 2013, 1379.
12 – BGH, Urteil vom 22.1.2015 (3 StR 233/14).
13 – Strauß, http://www.juratelegramm.de/faelle/strafrecht/BGH_NStZ_2004_621.htm
14 – Gaede, Mit der Sittenwidrigkeit gegen Hooligangewalt – das Ende der „Dritten Halbzeit“?, ZIS, S. 7.
15 – Verstoß gegen die guten Sitten bei Einwilligung in eine Körperverletzung im Rahmen einer Beteiligung an einer Schlägerei?, 2. Leitsatz.
16 – BGHSt 17, 359 (Pockenarztfall); Wessels/Beulke/Satzger, (Fn. 1), § 11, Rn. 566.