Wirksamkeit einer Willenserklärung
Bei Willenserklärung muss zwischen zwei unterschiedlichen Arten differenziert werden. Das ist wichtig, denn die zwei verschiedenen Arten haben verschiedene Voraussetzungen für die Wirksamkeit. Wir unterscheiden daher zwischen emfpangsbedürftige Willenserklärungen und nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen.
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I) Nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen
Nicht empfangsbedürftige Willenserklärungen werden durch Abgabe wirksam. Das heißt, sobald sie in irgendeiner Form geäußert wurde, gilt sie als wirksam. Dabei ändert sich nichts, auch wenn niemand die Erklärung wahrgenommen hat. Beispiele:
- Testament, § 1937 BGB
- Auslobung, § 657 BGB
II) Empfangsbedürftige Willenserklärungen
Empfangsbedürftige Willenserklärungen teilen wir wieder in zwei Kategorien: empfangsbedürftige Willenserklärungen unter Abwesenden und Anwesenden. Dabei wird nicht auf die Räumlichkeit beider Personen geachtet, sondern ob es zwischen beiden eine direkte Kommunikation bzw. einen Informationsaustausch besteht1. Beispiele für eine empfangsbedürftige Willenserklärungen unter Abwesenden:
- Briefe
- Telefax
- Nachrichten auf Anrufbeantworter
Beispiele für empfangsbedürfite Willenserklärungen unter Anwesenden:
- Telefonisches Gespräch
- Mündliche Erklärung gegenüber einer anderen Person
- Chat („sonstige technische Einrichtung“, § 147 Abs. 1 Satz 2 BGB)
- Video-Chat bzw. Video-Konferenz (siehe § 147 Abs. 1 Satz 2 BGB)
1) Empfangsbedürftige Willenserklärungen unter Abwesenden
Eine empfangsbedürftige Willenserklärung unter Abwesenden wird wirksam, indem sie von dem Erklärenden abgegeben wurde und dem Empfänger zugegangen ist. Unter Zugang versteht man die in dem Machtbereich des Empfängers gelangte Willenserklärung, mit Kenntnisnahme unter regulären Umständen.
Beispiel: Wirft A einen Brief an B um 09:00 Uhr morgens in seinem Briefkasten ein (Abgabe), so kann unter regulären Umständen damit gerechnet werden, dass B am selben Tag noch Kenntnis von dem Brief erlangt. Die Entleerung eines Briefkastens an Werktagen vor 18 Uhr bei Privatperson erscheint als „regulärer Umstand“.
2) Empfangsbedürftige Willenserklärungen unter Anwesenden
Auch hier muss eine empfangsedürftige Willenserklärung abgegeben worden sein. Damit sie auch wirksam wird, muss der andere in der Lage sein, sie zu vernehmen. Nach der sogenannten Vernehmungstheorie darf der Gegenüber nicht Taub, im Schlaf, in Ohnmacht oder sonstiges sein, so dass eine Vernehmung nicht statt finden kann.
In einem weiteren Beitrag schauen wir uns dann die daraus entstehenden Problematiken an.
1 – Leipold, BGB I: Einführung und Allgemeiner Teil, 8. Auflage 2015, § 12 Rn. 5.